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Dolomiten Kletterurlaub und Arco

Die Dolomiten. Ein Traum aus Stein. Eine unvergleichliche Zusammensetzung aus grau-gelben Farbtönen der markanten Türme und Wände aus Dolomitgestein mit dem lieblichen Grün der Wiesen, dazu blauer Himmel und harmlose Quellwolken, die ab und an einen Schatten auf die weite Landschaft der kargen Karstplateaus werfen. Nach gelungener Klettertour dort oben zufrieden aussteigen, in der Sonne sitzen mit dem ewig weiten Blick vor Augen, das I-Tüpfelchen einer jeden Dolomitentour.

Wie jedes Jahr im September dürfen wir einige Tage in dem Naturjuwel Dolomiten verbringen. Diesmal herrschen etwas veränderte Bedingungen, Harry legt zum ersten mal nach seiner Fingerverletzung wieder Hand an den Fels an, d.h. das scharfe Ende des Seils gehört mir. Frühjahr und Sommer über sind wir kaum bis fast gar nicht geklettert, die Performance lässt also reichlich zu wünschen über, doch dieser Umstand ist in den Dolos zweitrangig, für jede Könnensstufe gibt es reichlich zu tun. Und so starten wir am


  • Brunecker Turm mit der Zieglauer

Mit 5- zwar nicht sonderlich schwierig, doch die kaum vorhandene Absicherung und die dürftigen Stände lassen eine gewisse Ernsthaftigkeit aufkommen. Zum Glück ist das Gestein relativ solide und ich versteige mich nicht. Eine nette Tour für den Alpinliebhaber, bei der auch der Nachsteiger das Niveau haben sollte. Und irgendwie auch genial, dass ein so grandioser Turm "nur" im unteren 5ten Schwierigkeitsgrad erklettert werden kann! Was für hochsommerliche Tage.



  • Piaz-Kante am Sas Pordoi

Die hochsommerlichen Temperaturen veranlassen uns in die Höhe auszuweichen und nachdem wir gestern den ganzen Tag im Schatten umherkrochen, bevorzugten wir diesmal die sonnige Südseite. Während sich nebenan in der Maria-Führe die Seilschaften auf die Füsse traten, hatten wir den herrlich festen Felsen für uns alleine. Die Stände sind in guter Normalhakenqualität, die Schlüsselstelle allerdings sackschwer, ein kurzes steiles Wandl, etwas poliert und mit schlechten Griffen. Es stecken zwar 3 Normalhaken, doch der entscheidende Zweite hängt bereits besorgniserregend mit dem Kopf nach unten. Durchziehen für den Seilersten ist angesagt. Der Rest der Route absolute Genusskletterei. Beim Rausklettern auf der Mariaführe ist Staustehen angesagt, es kann aber problemlos überall überholt werden. Das besondere Schmankerl und vielleicht nicht jedermanns Sache ist das grande Finale bei der Seilbahnbergstation. Man klettert tatsächlich direkt unter der Bahn über die Mauer und landet mehr oder weniger auf dem Präsentierteller. Auf Interviews der neugierigen Passanten einstellen;-)


  • Rodelheilspitze, Vinatzer

Klassisch. Nicht nur die Art der Kletterei, die Logik der Route, die Absicherung, auch das Nordwandambiente und mit Routenbüchlein. Eine grandiose Route mit konstanten Schwierigkeiten, gutem Felsen und eindrücklichen Klettermetern. Für heisse Temperaturen ein kleines Alpinjuwel. Bereits beim Start durch die lange Verschneidung wird gezeigt, welchen Schwierigkeitsgrad man draufhaben sollte um mit Spass und Souveränität die Route zu bewerkstelligen. An den entscheidenden Stellen steckt eigentlich immer etwas, die Stände sind recht passabel. In Erinnerung wird sicherlich der Kamin der 8.Seillänge bleiben, der zuerst in seinem innersten erklommen und dann, bevor man steckenbleiben würde, easy an Henkeln nach aussen herum verlassen wird. Eine denkwürdige Passage. Die Seillänge zuvor lässt beim Vorsteiger vielleicht den ein oder anderen Angstschweisstropfen auf der Stirn erscheinen, wo es etwas brüchiger an einem Überhangl zur Sache geht. Und auch zuvor wird das Können auf die Probe gestellt, 3 Haken auf 30m in einem Art Riss/Kamin fordern das Talent. Die Schlüsselstelle hingegen ist zwar megakraftig, dafür bestens gesichert (mein einziger Hänger in 2 Wochen Dolomitenurlaub...). Eine der besten Touren des Dolomitenurlaubs!


  • Ciavazes Gamsband, Schubert

Wenn das Wetter mal wieder etwas unsicher ist, kommen die sonnenbeschienenen Südwände des Ciavazes gerade gelegen, zumal die Schubert durchgängig gebohrte Stände, zum Abseilen eingerichtet, besitzt. Hier kommt schon richtig Sportkletterfeeling auf, zahlreiche Behakung, angenehme Schwierigkeiten und fester Fels, der eher auf der plattigen Seite anzusiedeln ist, Ciavazes-typisch eben. Die Wegfindung gestaltet sich trotzdem relativ einfach, die meiste Zeit folgt die Route einem Riss- und Verschneidungssystem und die zahlreichen Begehungen zeichnen sich allmählich auf dem Felsen ab. Besonders in der ersten Seillänge heisst es anpacken oder gut stehen. Mit dem Abstieg über das grandiose Gamsband eine abgerundete schöne Unternehmung bevor der nächste Regenschauer drüberzieht.

  • Cinque Torri, Finlandia

Ein Abbild der Zinnen im Miniaturformat, so könnte man die Klettereien in den Cinque Torri beschreiben. An der Ostwand des grossen Turmes gibt es zahlreiche steile Sportklettermehrseillängen, so zusagen Trainingsgelände für die grossen Zinnen...Die Finlandia ist ein Hybrid aus alten Nägeln und Haken neueren Datums, sowie gebohrten Ständen und zahlreichen Silberlingen auch als Zwischensicherung. Somit kann die Absicherung als sportklettermässig bezeichnet werden und die Steilheit der Route trägt ihr Übriges zu diesem Feeling bei. Richtig geile Kletterei, anhaltend und teilweise ausgesetzt. Bereits die Einstiegsverschneidung ist ein Traum. Lediglich die letzte Seillänge ist etwas alpiner angehaucht. Abgeseilt haben wir vom Top zum vorletzten Stand und von dort in die gelben Überhänge der Nachbarssportkletterei. Perfekte Abseiltechnik im stark überhängenden Gelände muss hierzu beherrscht werden, allerdings ist man mit dreimal abseilen wieder am Boden zurück und kann in die nächste Perle einsteigen. Tipp: Die Sportklettereien vorne auf der Südseite sind erste Sahne, perfekt zum Abschluss-Plätten oder um mit dem Felsen vertraut zu werden!


  • grosser Falzaregoturm, Dibona


Grauer, wasserzerfressener Fels wartet in der Dibona auf Wiederholer. Auch wenn der Start mehr Schrofenklettern bietet. Doch selbst die Schrofen sind fest und henkelig und machen einfach nur Spass. Eine tolle 4er Länge mit Henkeln in grauer Platte als Warm-up, dann eine der besten alpinen Platten, die ich je geklettert bin. Mit Sanduhren und Henkeln durchzogen folgt Henkel auf Henkel, ein Jauchzen auf Jauchzen vor Freude. Einfach nur genial. Allerdings beginnt auch ab hier der alpine Part. Bis zu besagter Platte sind die Stände und teilweise auch Zwischensicherungen mit grossen Bügeln versehen. Der Stand vor der grauen grossen Platte besteht bereits aus Sanduhren und Nägeln. Irgendwie unlogisch, aber das sind halt die Dolomiten...Der Hammer folgt ganz zum Schluss. Entweder der alpine Schrecken oder eben ein alpines Gourmethäppchen, je nachdem, ob eher Sportkletterer oder alpiner Haudegen;-) Eine 55m Seillänge (den oberen Stand besser überspringen!), brüchig und so gut wie nicht absicherbar entlang eines Kamines/Verschneidung, garniert mit einem kleinen Wandl zum Abschluss. Die 2 oder 3 auffindbaren Rostgurken verdienen noch nichtmals mehr das Wort Haken, in ein grosses Loch kann ein 3er Camalot gesteckt werden, sonst gibts nix bis zum Stand am Ende der Verschneidung auf einem luftigen Türmchen. Ein alpiner Leckerbissen in ungewohnter Kletterei. Das 3m Wandl dafür ist prächtig gesichert, sogar eine A0-Schlinge hängt, wobei, wer die 30m zuvor gemeistert, wird wohl kaum Not haben in die Schlinge zu greifen...

Eine inhomogene Tour, aber doch irgendwie oho...Geniesserklettern mit deftig rauhem Abschluss


  • Spiz de Mondeval, Re Artu

Wer die nebenan gelegene "Love my dogs" kennt und super gefunden hat, wird auch an dieser schönen, etwas leichteren Route Gefallen finden. Einen klassischen Charakter behält die Re Artu trotz sportklettermässiger Absicherung. Leider wurde nicht immer an den entscheidenden Stellen ein Silberling gesetzt, die erste Seillänge kann daher ganz schön einfahren, wenn man nicht darauf eingestellt ist. Eine kleine Auswahl Camalots am Gurt schaden daher nicht, sowie eine Kevlarschlinge zum Fädeln einer Sanduhr. Die Schlüsselseillänge weist hingegen zahlreiche Bohrhaken auf (A0), eine wunderbare graue grosse Platte mit lässigen und anhaltenden Wandklettermoves. Dazwischen gibt es eine schöne Verschneidung zu bewerkstelligen und das ein oder andere Überhangl. Noch eine Besonderheit, es gibt jeweils nur einen Bolt mit Abseilring am Stand! Die Ausstiegslängen sind teilweise etwas bröselig, aber mit etwas Vorsicht auch ohne Steinschlag gut zu meistern. Wir sind über die rot markierte, düstere Abseilschlucht hinunter. 3x25m angeschrieben. Dort bröselt alles! Abzuraten, wenn mehrere Seilschaften am Werk.


  • Sas Ciampac, Via Adang

Wir wohnen direkt unterhalb dieser gelb-grauen Gemäuer des Sas Ciampac, aber noch nie haben wir es in den letzten Jahren hinauf geschafft. Dies sollte sich ändern. Die Via Adang folgt dem geringsten Widerstand durch die graue Plattenflucht der Südwand, immer mit soliden Standplätzen ausgestattet und angemessener Behakung für diesen Schwierigkeitsgrad. Der Fels lässt keine Wünsche offen, einzig und allein der Andrang in der Route könnte störend sein. Denn nach oben hin nehmen die Schwierigkeiten zu und es könnte daher etwas stauen. Die Schlüsselseillänge besticht durch anstrengende Rampftelei entlang einer breiten Rissverschneidung, die schon etwas poliert ist. Zwar stecken einige Haken, doch an entscheidender Stelle muss dann doch mal beherzt angestiegen und zugepackt werden. Schöne Route mit immer wieder genussvollen Klettermetern, besonders die Verschneidung nach der Querung ist ein Traum. Vom Ausstieg leiten Steinmänner den Weg bis zum Gipfel, von wo aus auf markiertem Weg über zwei Übergänge in landschaftlich äusserst reizvoller Umgebung abgestiegen wird. Die Schönheit der Via Adang ist das Gesamtprodukt aus Zustieg, Kletterei und Abstieg.


  • grosse Cirspitze, Demetz-Führe

Mittlerweile liegen die Temperaturen um den Gefrierpunkt, doch da sich die Wolken am Grödnerjoch lichten, versuchen wir es auf der Südseite der Cirspitzen. Die Felsqualität spielt hier leider in einer ganz anderen Liga, als wir es von den Dolomiten gewohnt sind. Über weite Strecken muss in brüchigem Fels geklettert werden, wenn er auch nicht gänzlich ungut ist in der Demetz-Führe. Er sollte einfach nur mit Vorsicht behandelt werden. Ganz so übersichtlich, schon vom Start weg, gestaltet sich die Routenfindung auch nicht. Erst als ich die rote Verbindungsschlinge dreier Haken des ersten Standes ausfindig mache, weiss ich, dass wir richtig sind. Die Schlüsselstelle der zweiten Länge entpuppt sich als gutmütiger Henkelschwinger. Interessante Stellen folgen, wenn auch immer wieder brüchige Einlagen an der Tagesordnung stehen. Die Umgehung des Turmes sehen wir erst, als wir auf diesem angelangt sind und den Stand mit Abseilöse sehen. Wir sind wohl nicht die Ersten...klassischer Verhauer, aber schön, wenn auch aufwendig. Denn von den 3 Schlaghaken seilt man für 10m steil ab auf einen grossen Klemmblock in einer Art Schlucht, dort befindet sich auch eine grosse Sanduhr, von wo man sich wieder gut einbinden kann. Vom Turm aus schauen die letzten Seillängen sehr mässig aus, brüchig und irgendwie nicht wie ein Vierer. Aber die Dolomiten täuschen, der Fels war wesentlich besser, machte sogar Spass und schliesslich beendet man das Abenteuer direkt oben am Gipfelkreuz mit wunderschöner Rundumsicht. Der Abstieg über den Steig ist dann easy und geht schnell und unkompliziert von der Hand.

Unterkunft: Hotel Jägerhof in Kolfuschg. Ein besseres Preisleistungsverhältnis gibt es nirgendswo! Und in einer Stunde Umkreis gibts mega viel zu tun...



Arco

Der dritte Wintereinbruch, wir verlegen endlich unser Lager in wärmere Gefilde. In unser zweites Zuhause, Arco. Das Kletterzentrum der Welt, so scheint es mir, wenn ich den Quotienten Klettergeschäfte pro Einwohner bilde. Jedes Jahr kommt noch eines hinzu, unglaublich. Wann ist der Markt gesättigt? Und es gibt noch eine Neuerung, das Café Conti erscheint in neuem Anstrich und Outfit. Doch spätestens nach dem fünften Mal Frühstücken und nachmittags einen Apérol Spritz konsumieren, haben wir uns bereits daran gewöhnt. Alles beim Alten also.

 

Wir treffen Bekannte, flanieren zum tausendsten Mal durch die Via Segantini, schlecken unzählige Kugeln Eis beim Tarifa und verleiben uns etliche Pizzen in den besten Pizzerien ein. Einen kulinarischen Ausflug gibts mit Andi und Irmgard im Gepäck, ein 7-gängiges Feinschmeckermenü im Carpe Diem. Einfach nur genial. 

 

So verstreicht die Zeit und das Klettern wird neben der ganzen Shopperei und Kulinarik fast schon nebensächlich, doch ein paar Leckerbissen in Sachen Klettern konnten wir doch noch abhaken.

 

In Nago gefielen uns die traumhaften Tropflochklettereien wieder und ich wagte mich in die Cyclops-Kante, die mir ziemlich weit oben einen Abflug bescherte. In Massone betätschelten wir abermals den polierten Marmor und staunten nicht schlecht, dass Marmor noch marmorierter werden kann. Dafür bin ich endlich und mit letzter Kraft als letzte Route des Kletterurlaubs die "Aufwärm"-Ti Sa Arc durchgestiegen, zwar bin ich in Routenmitte die kleingriffige Wandkletterpassage wieder mal falsch angegangen (Alzheimer lässt grüssen), bin aber irgendwie kleben geblieben, so dass der Deadpointer vorm Umlenker hätte nicht schlimmer sein können... ein grandioses Ende eines fantastischen mit vielen Eindrücken und Erlebnissen gespickten Kletterurlaubes mit Harry. Nach der langen Kletterabstinenz die Erfüllung in jeder Beziehung.

  • Mandrea, Via Romantica

Eine meiner ersten Mehrseillängen vor 10 Jahren. Wegen der perfekten Absicherung gerade gerecht für Harry, um wieder ins Sportklettern einzusteigen. Die Mandrea besticht durch abwechslungsreiche Kletterei mit durchwegs naher und perfekter Absicherung. Wie im Mandrea typisch, warten immer wieder Sträucher am Stand, die aber der Kletterei nicht ihre Schönheit nehmen. Wasserzerfressener Fels, abdrängendes Verschneidungsgerampftl, schöne Wandkletterei, Tropflöcher und Henkelei zum Schluss, es wird fast alles geboten. Durch die Kürze der Seillängen recht lange Tour.

  • Monte Colodri, Totem e Tabu

Im linken Teil des Colodri wartet abermals eine perfekt abgesicherte Route in bestem, arcotypischen Fels. Der Einstieg schaut nicht sonderlich einladend, entpuppt sich aber als netter Warmup an Henkeln und führt recht schnell aus dem Wald heraus in luftigere Höhen. Die zweite Länge verlangt wunderbares Getänzel an Tropflöchern, Dellen und Leisten, ebenso die dritte Länge, die in einem Quergang endet. Danach wurde es bei uns nass, doch wegen der Rauhigkeit des Gesteins konnte ich sogar folgende Länge punkten. Leicht versintert, steil und nur 10m lang. Mit Ausruhen ist nicht, die Schlüssellänge, leider auch nass, folgt für Harry. Geniale Züge, wenn auch an zwei gechippten Griffen, die mächtig plätten, puh, die Fingerkraftausdauer fehlt uns gehörig nach den grossgriffigen Dolomitenrouten...

 

Eine neue Route (50er Fit-Check von Hansjörg Randl) kreuzt ab hier, die Bohrhakenleiter dieser führt gerade hinauf, die Totem und Tabu macht hingegen einen ansteigenden Rechtsquergang mit einem zachen Move, fast hätte es mich noch abgeworfen. Die letzte Länge war leider wieder nass und so nicht für uns kletterbar, mit dreimal A0 aber schnell und problemlos passiert und der Weg auf den Pfeiler frei. Schliesslich genüsslich über grauen Elefantenkalk hinauf. 

 

Kurze Route, aber mit wunderschönen, wenn auch recht kurzen Seillängen


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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschaftlerin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

Online-Autorin SAC Tourenportal

Autorin Trailrunning Guidebook

 

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