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Skitouren im Valle Maira

Einmal Valle Maira. Immer Valle Maira.

 

Wir sind nicht die Ersten, die es zum wiederholten Male in das abgeschiedene, piemonteser Grenztal zu Frankreich verschlägt. Beim Austausch mit den anderen wenigen Skitourengästen des Tales kristallisiert sich glasklar schnell heraus, was den Reiz des hinteren Valle Maira ausmacht und warum die weite Anreise nicht nur einmal in Kauf genommen wird: die Unberührtheit.

 

Keine Hotelburgen, keine Liftanlagen, keine Verbauungen, keine Stromleitungen, die das Landschaftsbild beeinträchtigen könnten. Hier sagen sich Fuchs und Hase noch Gute Nacht. Dem urigen Stile des Tales nach sind viele Häuser weitesgehend restauriert und renoviert worden, Steinbauten mit viel Charme und Liebe zum Detail sind entstanden, die 500 Betten auf 40km verteilt beherbergen.

 

Manuela und ihre Mutter bekochen uns täglich mit selbstgemachten Speisen auf Haubenküchenniveau. Für die Energieversorgung ist also bestens gesorgt und die gute Küche in der Locanda "le Mistral" in Ponte Maira ist sicherlich auch mit ein Grund, warum wir bereits zum zweiten Mal für eine Woche dort sind. Renato, Bergführer und Servierkraft in einem, hält täglich die perfekte Tourenidee für uns bereit. Im Mistral fühlst du dich nicht nur willkommen, hier wird Gastfreundschaft gelebt.

 

Unberührtheit. Ein Landschaftsbild, das es in dieser Form kaum noch in den klassischen Tourengebieten anzutreffen gibt. Skitouren in seiner Reinform. Jeden Tag einen neuen Gipfel anspuren, weit und breit keine Skispuren zu sehen. Stille und viel Natur gibt es zu bestaunen, auf sich wirken zu lassen. Die innere Ruhe und Ausgeglichenheit stellt sich schnell ein. Es kommt kein Stress auf, Stress, weil die unverspurten Hänge bereits im Morgengrauen von einer Horde wilder Powdergeier zerpflügt werden wie an den Modebergen der Alpen. Du hast freie Wahl, kannst die sicherste Linie wählen, denn die weissen Hänge sind auch noch nach Tagen des letzten Schneefalles unverspurt.

 

Irgendwie surreal. Auf der einen Seite der Alpen trampeln sich die Skitourengeher respektlos über die Füsse, auf der anderen Seite freut man sich über jedes Gesicht, weil man die Freude über diese sagenhafte Unberührtheit gerne teilen möchte. Man tauscht "Geheimtipps" aus, steht mit Rat und Tat zur Seite, wenn am Nachmittag bei Tagliatelle und Vino auf der Sonnenterrasse über Verhältnisse und Erlebtes munter geplaudert wird. Urlaubsstimmung. Après-Ski der anderen Art.

 

 

Skitouren:

 

  • Bric Boscasso

Im wilden Schneegestöber ziehen wir unsere Spuren durch den tief verschneiten lichten Lärchenwald. Märchenhaft. Und das im April! Bis zum Gipfel schaffen wir es heute nicht, nach der Waldgrenze ist whiteout angesagt. Dafür lockt das Rifugio Vivere mit Kaminfeuer und Cappuccino

 

  • Bric Cassin (SE-Gipfel)

Stufe 4 ist nach dem gestrigen Schneefall angesagt, Gut 40-60cm hat es geschneit, der Bric Cassin bietet für diese Verhältnisse den optimalen Anlass, Powder und eine sichere Linie zu wählen. Wir sind nicht alleine unterwegs, unsere komplette Unterkunft versammelt sich heute zum "Familienausflug" am Bric Cassin. Die letzten Meter sind wir mit Spuren dran, die Abfahrt als erster im frischen Schnee unvergesslich.

 

  • Giro von Saretto. Cima delle Manse und Monte Soubeyran

Ein Tag, perfekter kann es nicht werden. Nur wir 4 für den Rest des Tages, dabei abwechslungsreiche, beeindruckende Landschaften, Schneequalitäten jeglicher Güte und vieeel Sonnenschein. Eine ausgedehnte Runde mit einigen Höhenmetern und Wegstrecke.

 

  • Whiteout

Es ist neblig und nieselt leicht daraus. Für den Nachmittag sind weitere Schneefälle und Regen im Tal gemeldet. Wir folgen für 600Hm Renatos Spur Richtung Col d'Enchiausa, ohne Sicht und mit 100% Luftfeutigkeit macht es schlichtweg keinen Sinn noch weiter zu gehen. Im Rifugio Vivere treffen wir auf eine grosse Gruppe Salzburger Skitourengeher. Bei Cappuccino und Kuchen wird viel gelacht und gewitzelt.

 

  • Monte Bellino und Monte Albrage

Gut 15cm Neuschnee. Strahlend sonniger Tag. Mit Schneeketten führt uns Hans-Peter die eingeschneite Strasse zum Ausgangspunkt auf 1900m hinauf. Wir spuren hinein ins weitläufige Tal und die sanften Hänge hinauf zum Bellino. Grossartig. Weil die Abfahrt uns so überzeugte und nebenan auf den Albrage schon eine Spur führt, fellen wir ein zweites Mal an. Das Päarchen vor uns hat nicht bis zum höchsten Punkt gespurt, umso ein schöneres Gefühl für uns auch diesen Gipfel heute noch unverspurt vorzufinden. Die Westhänge warten mit Traumpulver. Unvergesslich.

 

  • Monte Oronaye Süd- und Nordcouloir

Moni und Hanspeter sind abgereist, Harry und und ich wollen uns am Oronaye versuchen, einem markanten dolomitenähnlichen Berg mit vielen Steilrinnen. Die Nordrinne (400m, bis zu 50Grad steil) soll es heute werden. Wir steigen über die linke Südflanke auf, die später in ein steiles Couloir mündet. Bester Trittfirn, ideale Aufstiegsverhältnisse mit den Ski am Buckel und Steigeisen an den Füssen. Den Gipfel erreichen wir leider nicht, der Aufstieg ist uns nicht ganz klar, mehrere Stellen scheinen uns zu schwierig als dass sie für den Aufstieg dienlich sein könnten. Daher starten wir ohne Gipfel in das Nordcouloir, welches noch unverspurt und mit bestem Powder gefüllt war. Steil, geil und eindrücklich. so etwas steiles bin ich noch nie gefahren...

 

  • Punta le Teste, Nordcouloir

Ein weiterer steiler Leckerbissen. DIE Linie im Tal. Vom Auto weg praktisch 1000Höhenmeter in einem Rutsch nach oben. Zunächst in einem breiten Kar, später immer enger werdend verzweigt sich das Couloir, die linke Linie führt bis zum Gipfel hinauf. Unglaublioch, aber wahr, auch hier finden wir in der oberen Hälfte noch besten, unverspurten Pulverschnee. Geil.

 

  • Monte Sautron über Forcellina

Zum Abschluss der Tourenwoche noch einen 3000er. Ein Skitourenberg, der uns nochmals fordert. Wieder gibt es keine Spuren, keine Leute unterwegs und das an einem sonnigen Sonntag! Die Skitourensaison neigt sich dem Ende zu im Valle Maira, von Tag zu Tag lässt sich nun sehen, wie die Tragestrecken länger werden und die Hänge früher aufsulzen. Ein würdiger Gipfel entlässt uns mit einem Lächeln auf den Lippen. Valle Maira wir kommen wieder.

 

 

 

Unterkunft: 

Locanda Mistral: http://www.damistral.it/de/

 

Blogbericht vom letzten Jahr: https://www.gesundes-wandern.com/2016/03/26/skitouren-im-piemont-valle-maira/

 

 

Bric Boscasso und Bric Cassin

 

Cima delle Manse und Monte Soubeyran

 

Monte Albrage und Monte Bellino

 

Monte Oronaye Süd- und Nordcouloir

 

Punta le Teste Nordcouloir

 

Monte Sautron über Forcellina

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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschaftlerin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

Online-Autorin SAC Tourenportal

Autorin Trailrunning Guidebook

 

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