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Jungfraujoch - Hinter Fiescherhorn - Gluringen

Irgendwer sagte einmal, "das Abenteuer fängt an, wenn die Planung über den Haufen geworfen wird", bewusst herbeigeführt oder wie in unserem Fall, kamen äussere Umstände zum Tragen. Jedenfalls erlangte unsere <Traverso Perverso> im Jungfraugebiet ziemlich schnell Abenteuerstatus...

 

Doch der Reihe nach. Nicht sonderlich früh fährt die erste Bahn im Winter aufs Jungfraujoch, man erreicht die Station um 10:10Uhr, bis man sich durch die dunklen Katakomben durchgeschlagen und sich auf dem Alteschgletscher parat gemacht hat, vergehen Minimum nochmals 10 Minuten. Interessant wird es dann, wenn man gezungenermassen eine Stunde später erst starten kann, weil ein Anschlusszug wegen Verspätung eines anderen Zuges verpasst wird. So geschehen bei uns.

 

In der Mittagssonne geniessen wir also das herrliche Aletschpanorama, frisch verschneit. Schön anzusehen, allerdings blöd für die Abfahrt über die eh schon sehr flachen Gletscher. Da hilft nur Stöckeln und Skatingschritt. In weiterer Folge entpuppt sich das frische Weiss als äusserst unangenehm, Bergschründe, Spalten und sonstige alpine Gefahren sind überschneit, wir müssen immer wieder anseilen und sogar auch in der Abfahrt am Seil abfahren. Mal hängt ein Ski über einem klaffenden Loch, dann bricht mal wieder unerwartet die Schneedecke mit einem Rums ein und ein schwarzer Spalt tritt zu Tage. Die Tücken eines Gletschers. Nur nicht gerade förderlich, wenn ob der Länge der Tour eh schon ein gewisser Zeitdruck besteht um nicht in die Dunkelheit zu geraten.

 

Auf das Hintere Fiescherhorn wählen wir den Direktanstieg über das SW-Couloir, welches etwas nördlich vom Gipfel in einen Sattel (P. 3998 ) mündet. Direttissima quasi und eine gute Alternative zum Anstieg über den Fieschersattel. Anstrengende Spurarbeit, dafür bester Trittschnee. Vom Fiescherhorn runter auf den Fiescherfirn lauern die verdeckten Spalten, grausig, ich taste mich, gesichert am dünnen Strick, über die offensichtlich tückischen Löcher hinunter, gefasst darauf, dass jeden Moment der Boden unter meinen Füssen zusammenbricht. Die Abfahrt über den Fiescherfirn, beeindruckend und gewaltig. Immerhin finden wir 2 Spuren vor.

 

Imposante Eismassen, hellblau gefärbt, türmen sich rechts und links des Weges, einige warten darauf von der Schwerkraft Richtung Tal gerissen zu werden. Kein guter Platz zum Innehalten und Staunen, besser man geniesst diese Schönheiten aus den Augenwinkeln während der Abfahrt. Auf dem flachen Firn heisst es abermals Stöckeln und Langlaufen, endlich Zeit zum Rumschauen und das grandiose Ambiente aufzusaugen. Immer links haltend, im Abfahrtssinne, passieren wir die Finteraarhornhütte und erreichen das bröckelige Moräneneck am Zusammenlauf von Fieschergletscher und Galmigletscher, welches im Minutentakt kopfgrosse Steine hinabwirft. Auch hier tut man gut daran, die Felle ein Stück weiter oben erst zu montieren.

 

Es ist bereits Nachmittag, die Sonne erstaunlich tief. Dafür das Licht umso bezaubernder und wir mobilisieren die letzten Reserven den Galmigletscher hinaufzuspuren. Dass das Vordere Galmihorn sich nicht mehr ausgehen wird, ist schon lange klar. Doch dass wir auch zusehen müssen, noch im letzten Sonnenlicht die Bächilücke zu erreichen, das stand sicherlich nicht in unserem Drehbuch. Und erst recht nicht, dass wir in feinstem Pulver nochmals anseilen müssen wegen den tückischen Spalten. Der Hang von der Bächilücke hinunter über den Galmigletscher in diesem Traumlicht, das wäre der Hit gewesen. Nein, wir müssen stattdessen Dampf machen und die bereits komplett schattige Südseite über das Bächital hinunter in Angriff nehmen. Oben noch ansprechender Pulver, auch wenn man mit den Stixi-Ski etwas auf dem darunter liegenden Harschdeckel grundelt. Danach feiner Bruchharsch und wechselnde Verhältnisse, ohne Kontraste und mit müden Beinen und Zeitdruck im Gnack um den letzten Zug mit Anschluss nach Spiez zu erwischen alles andere als optimal. Wir geben Gas, lassen unsere Körper auf der bereits wieder gefrorenen Schneedecke durchrattern, stolpern über Lawinenkegel um schliesslich den Zug um 2 Minuten zu verpassen. Klassiker.

 

Zum Glück gibt es Freunde in Brig, die uns mit Pizza und Bier in Empfang nehmen werden. Ein geselliger Abend, bevor der letzte Zug von Brig nach Spiez uns nach Hause befördert. Müde, ausgelaugt. Mit einem Abenteuer mehr im Kasten.

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Kommentare: 1
  • #1

    Peter Spieler (TrailPetsch) (Mittwoch, 17 März 2021 19:15)

    Hallo Patricia,
    super Bericht und mega schöne Bilder!

    Ihr hättet früher gehen können! Skitourer und Bergsteiger sind erlaubt den Personalzug zu benutzen.
    Falls ihr noch mal auf das Jungfraujoch geht, erkundet euch bei den Jungfraubahnen.
    Fahrkarten müssen spätestens am Vortag gekauft werden.
    PS: Ich käme auch gern mal mit! Habe gerade ferien bis nach Ostern!
    Ein lieber Gruss
    Petsch

Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschaftlerin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

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Autorin Trailrunning Guidebook

 

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