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Gelmerfluh - Savoir Vivre

Bereits zum dritten Mal steh ich beim Routeneinstieg. Diesmal sind wir früh genug dran, so dass wir von den drei Seilschaften, die für heute die Route im Auge haben, die erste Seilschaft bilden. Mit dem Nachteil, dass die Wand noch ziemlich wasserüberronnen ist und sämtliche Kletterambitionen von Anfang an dämpft. Am Grimsel sind die Westwände nach starkem Regen oftmals am Morgen noch feucht, sobald die Sonne hineinscheint, trocknen die Wasserstreifen. Leider zu spät für uns, wir wollen am späteren Nachmittag bei Kaffee und Kuchen wieder auf einer der Sonnenterrassen sitzen und den herrlichen Tag ausklingen lassen. Immerhin sind 14 Seillängen, teilweise darunter auch kürzere, zu klettern und später dann auch abzuseilen. Das zieht sich.

 

Bereits die erste Seillänge im Grad 6a ist komplett nass. Ich bastel mir also eine Trittschlinge und kämpfe mich technisch von Bolt zu Bolt in der aalglatten Platte, die wohl auch im trockenen Zustand für den ein oder anderen bereits ein herber Auftakt darstellen dürfte. In diesem Stil geht es weiter. Zwei Meter halbwegs trocken, dann wieder hinein in den Süff. Das Sohlengummi bleibt nass, da kann ich so viel chalken wie ich will. Es bringt auch nichts, denn nach 10 Metern muss bereits wieder für einige Meter genullt werden aufgrund der üblen Nässe. Selbst im Nachstieg, wo es einen gewissen Reiz darstellt die glatten Plattenstellen im nassen Zustand zu versuchen, zeigt, es ist sinnlos. Pflutsch, der Fuss geht. Chancenlos.

 

Immerhin sind die Risse in den folgenden Seillängen zumindest nur in ihrem Inneren feucht. Hände und Füsse dürfen hier so richtig schön klemmen. Es ist eine Hass-Liebe mit den Rissen für mich. Wunderschön zum anschauen, aber zum klettern? Nunja, liegt wohl an meiner mangelhaften Erfahrung mit dem jammen und meiner nicht vorhandenen Schmerztoleranz. Der Blick zurück vom Stand über den Handriss lässt mich dann doch wieder jubeln. Ja, einfach schön zum anschauen. Und Camalots lassen sich hier auch versenken, wer Freude am Handwerken hat und nicht nur am klippen. Vor allem die mittleren Grössen 0,75 und 1 lassen sich gut verstauen.

 

Grimsel wär halt nicht Grimsel, wenn nicht noch ein paar knifflige Reibungsstellen warten würden. Sehr originell die 7. Seillänge mit dem Hasliswing. Die darauffolgende für 6a gar nicht so trivial und etwas kräftiger Natur. Der obere Wandteil ändert vom Charakter, die Kristallwand ist nicht überall fest, aber sehr genussreich an den quarzhaltigen Strukturen höher zu steigen. Mit Plaisirkletterei klingt die Route nach der 13 Seillänge aus, wo sich auch das Wandbuch befindet. Eine letzte 5a gäbe es noch als Zuschlag. Wir schenken uns diese, der Wind bläst und die Gefahr, dasss sich die Seile beim abziehen verhängen ist ziemlich gross in diesem oberen Wandteil, wo so viele Strukturen nur darauf warten, gefräßig das Seil zu schnappen....

 

Fazit:

sehr gut mit Bolts gesicherte Route im Stil wie die benachbarte Saggittarius. Abwechslungsreiche Kletterei, im unteren Teil plattiger und mit Rissen, im oberen mehr Genussklettern. Die Schwierigkeiten sollte man trotzdem halbwegs im Griff haben (6a obl., Grimsel ist einfach anders), in den Risspassagen dürfen weniger geübte noch zusätzlich ein/zwei Camalots versenken.

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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschaftlerin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

Online-Autorin SAC Tourenportal

Autorin Trailrunning Guidebook

 

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