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Mönch Nollen

15.06.2023: Reko-Tour Nollen mit Hari

10 Jahre ist es her, dass wir den Nollen bereits einmal gemacht haben. So ganz regulär, mit Übernachtung auf der kleinen Guggihütte und Start mit den Stirnlampen. Damals traf mich ein Eisbrocken am Schienbein, der die lange Firnflanke vom Nollen herab Fahrt aufgenommen hatte. Mir war es nicht mehr möglich vorzusteigen, Hari musste uns Drei (Lilian, Christoph und mich) die Eisstufe über den Nollen (der damals noch deutlich steiler war!) nachsichern. Mit diesen Erinnerungen also begab ich mich zum zweiten Mal auf den Weg über die Nollen Route zum Mönch. Nur diesmal mit einem viel grösseren Rucksack an Erfahrung und Können und einem besseren Konditionsniveau. So dass unser Stil à la "fast'n'light" auch auf dieser Route Verwendung finden sollte: Start mit der ersten Bahn zur Station Eigergletscher und als Singlepush zum Gipfel und hinab über den Normalweg zum Jungfraujoch, ohne Seil und Klettergurt im Gepäck, nur die essentiellen Dinge mittragend, wie Helm, Eisgeräte und Steigeisen, Windjacke und Primaloft, Ersatzhandschuhe, erste Hilfe und Rettungsdecke, Getränk und Trockenfrüchte.

 

Wir trafen an diesem Donnerstag Vormittag Idealverhältnisse an: bereits unter der Hütte konnten wir die Steigeisen montieren und sie erst wieder auf dem Normalweg im unteren Drittel ablegen. Dazwischen alles perfekter Firn mit einer Autobahn aus mitteltiefen Tritten. Und der Nollen selbst konnte man an seinem linken Rand in einer links-rechts-Schleife fast ohne Eiskontakt bewältigen. Lediglich auf 15m musste man behutsam die Steigeisen und Eisgeräte in das spröde Eis setzten, um nicht grosse Schollen herauszuschlagen. Wenn ich diese Verhältnisse mit den Bedingungen vor 10 Jahren vergleiche...ein Kinderspiel!

 

So standen wir bereits nach gut 3 Stunden und 30 Minuten am Gipfel. Viel schneller, als ich erwartet hatte. Die Zeit spielte für heute ja keine Rolle, unsere Mission bestand daraus die Route zu rekognoszieren, ob sie für einen möglichen Speedversuch Haris in top Bedingungen ist. Die Antwort war klar: go! Jetzt oder nie!

18.06.2023: Speed Attempts von Hari/Niklas/Abdi

Nachdem wir am Donnerstag bereits die Nollen-Route in Idealbedingungen vorfanden, konnte Hari gar nicht anders, als seiner Karriere als "Speedbergsteiger" den Auftakt zu verleihen. Begleitet von den Burschen (Niklas, Abdi, Matic) und meiner Wenigkeit, fiel der Startschuss bei der Station Eigergletscher am Morgen des 18.06. Ein warmer Tag, der es zuliess, bereits im T-Shirt zu starten. Die Anspannung stand in Haris Gesicht geschrieben, wir schüttelten ihm allesamt die Hand und wünschten viel Erfolg auf seiner zügigen Reise über die Nordseite hinauf zum Mönch. Die Atmosphäre brodelte, die Stimmung war geladen, aber in einem positiven Sinn, die es galt für sich zu nutzen. Beflügelt vom rasanten Start Haris zogen Abdi und Niklas schnellen Schrittes hinterher. Da wurde von Beginn an gepusht, man konnte es richtig sehen, dass die Motivation extrem hoch war einen eigenen schnellen Versuch aufs Parkett zu legen. Nur Matic blieb an meiner Seite, wir wollten zwar zügig und stetig aufsteigen, aber mit der nötigen Gelassenheit um auch den Blick von den Schuhspitzen weglenken zu können. So ein herrlicher Tag will ausgiebig genossen werden! Der Fokus lag bei uns also auf dem Tun an sich und dem Geniessen der umgebenden, atemberaubenden Hochgebirgslandschaft und weniger auf der Leistungskomponente.

 

Noch gut 100Hm unterhalb der Guggihütte wechseln wir auf Steigeisen und Pickel, die Wanderstöcke wandern in den Rucksack, kurze Pause um die Energiereserven aufzufüllen und Hari anzufeuern, der bereits auf das Mönchsplateau zusteuerte. Gepackt vom Ehrgeiz und der Gunst der Stunde - solche Traumbedingungen hat es nur selten - schoss Niklas bereits hinterher, als wir die Wechselzone betraten. Gefolgt von Abdi, der es aber bis zum Gipfel nicht mehr vermochte, Niklas Vorsprung beim Steigeisenanziehen einzuholen. 

 

In tiefen Spuren geht es die Firnflanke hinauf, ein kurzes Felsband ist bereits seit Donnerstag ausgeapert, welches einen beherzten Schritt und hohes Ansteigen auf den typischen Eigerfelsplatten verlangt. Danach heisst es wieder "Gring abe u seckle". Das Motto passt allgemein recht gut zur Nollenroute, verläuft sie doch zu dieser Jahreszeit komplett über Firn und nur bei 15-20m des Nollens scheint bereits das Eis durch. Ausdauer ist also gefragt, ein solides Herzkreislaufsystem und vor allem kräftige Oberschenkel, die es gewohnt sind Treppen zu steigen. Matic und ich nehmen uns die Zeit Fotos am Nollen zu machen, das sieht einfach spektakulär aus, in beide Richtungen, nach unten, wie auch nach oben.

 

In der Headwall verlässt uns schliesslich die Kraft. Ich spüre noch immer den Aufstieg von vor drei Tagen, die Höhe schlaucht dann doch mehr, als man es meist vermutet. Matic kämpft mit schweren Beinen vom Niesenrun. Als "Leidensgemeinschaft" stapfen wir tapfer kontinuierlich weiter, bis uns schliesslich Hari freudestrahlend und sichtlich "psyched" entgegen kommt. Er hat sich selbst übertroffen und eine Zeit aufs alpine Parkett gelegt, die erst mal Nachahmer finden muss: 2 Stunden und 21 Minuten, vom Eigergletscher bis zum Gipfel! Das ist grosses Kino! Kurz vor dem Gipfel empfangen uns auch die strahlenden Gesichter von Niklas und Abdi, die beide knapp in über 3 Stunden die Nollen Route unter den Sohlen pulverisierten. So viel Zufriedenheit, Stolz und Genugtuung an einem Platz, das ist schlichtweg überwältigend! Wir fallen uns minutenlang in die Arme, klopfen uns auf die Schultern. Dieser Gipfelmoment ist fesselnd!

 

Und sogar ich konnte meine Zeit nochmals um 5 Minuten verbessern, trotz schweren Beinen und nicht der Absicht, dies überhaupt anzustreben. Meine Uhr stoppte demnach nach ca. 3 Stunden und 25 Minuten. 

 

Ein grandioser Tag für die Geschichtsbücher, an den wir uns alle noch ewig erinnern werden!

Lassen wir die Bilder sprechen:

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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschaftlerin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

Online-Autorin SAC Tourenportal

Autorin Trailrunning Guidebook

 

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