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Balmhorn Wildelsigengrat

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, hierher kommt man sicherlich nicht um festen Fels unter den Fingern zu spüren...denn hier zerbröselt der Fels nur schon beim Anschauen. Nein, das Balmhorn ist kein Kletterberg, aber ein formschönes Gebilde, von allen Seiten, besonders aber von der Nordseite mit dem markanten Gletscher. Und diese Nordseite wird an ihrem nordöstlichen Ende vom Wildelsigengrat begrenzt, welcher beim Gasterespitz beginnt. Bereits der flache Start beim Gasthof Waldhuus im Gasteretal (hierher mit PKW, 15CHF Münzen, Fahrtzeiten beachten!) begeistert. Für mich stellt der breite Talboden des Gasteretals, der von hohen, schroffen Wänden umgeben ist und von unzähligen, rauschenden Wasserfällen dominiert wird, eines der beeindruckensten Täler dar. Little Yosemite, sozusagen. Und so schön kühl! 

 

Denn bald schon geht es schweisstreibend zur Sache, der Anstieg zur Balmhornhütte, welche von einem wechselnden Team betreut und wo man immer (!) herzlich mit Tee empfangen wird, hält einige steile Stufen parat, aber auch flowige Abschnitte, besonders kurz vor der Hütte, wo wir auch der Sonne das erste mal begegnen. Ein kurzer Trinkstopp, dann geht es steil und vertical-mässig zum Gasterespitz empor. Für sich genommen, bereits ein lohnenswertes Tourenziel, von dessen Top man tief auf Selden hinabblicken kann. Und natürlich erhält man eindrückliche Einblicke in die vergletscherte Nordflanke des Balmhorns und darf die gebänderte Südseite des Doldenhorns bestaunen. Auch den Anstieg über das Halpi auf den Fisistock (ein Geheimtipp;-)) überblickt man von hier bestens.

 

Der Wildelsigengrat. Ein Bruchhaufen sucht seinesgleichen. Und doch - ich mag diesen Anstieg. Besonders die Querung in die massive Ostwand und der folgende Anstieg über die griffige Rippe und das brüchige, meist schneegefüllte Couloir beeindruckt mich. Elegant, wie sich der Anstieg entlang dieser Schwachstellen empor sucht. Klar, oftmals macht man zwei Schritte vor und einer zurück im Schutt und bei mehreren Personen, wie bei uns Dreien, ist zu besonderer Vorsicht aufgerufen, um den anderen nicht mit Steinen zu bombardieren, was sich trotzdem fast nicht vermeiden lässt. Hier ist gestaffeltes Klettern an den heiklen Passagen ratsam, um ja nicht übereinander zu stehen. Zum Schluss wartet nochmals ein steiler, extrem brüchiger Aufschwung, nach dessen Überwindung es nicht mehr weit zum abschliessenden Firn ist. Eine geschwungene Himmelsleiter, die ratsam ist eher Anfang der Saison zu begehen, bevor das Blankeis durchschlägt. Mit unseren Microcrampons und Pickel ausgerüstet, passieren wir den Firngrat zwar spielerisch, aber eher schleppend, da wir ob der fortgeschrittenen Tageszeit und der Hitze oftmals bis zum Knie einbrechen, respektive Matic, der für Abdi und mich die Spur legen darf. Wir gedulden uns dahinter, die Motivation ihn abzulösen, hält sich in Grenzen. Wir lassen lieber die osteuropäische Spurmaschine werken.

 

Nach plus/minus 4h50 seit dem Aufbruch im Gasteretal erreichen wir das grosse Gipfelkreuz des Balmhorns, es windet und wir bevorzugen in unseren Windjacken die Gipfeljause zu mampfen. Irgendwann wird es uns dann aber doch zu kalt und wir treten den Rückweg über den Zackengrat an. Im Schnee abrutschend bringen wir den ersten Teil zügig hinter uns und auch der Abstieg im steilen Schnee vom breiten Sattel hinab auf den Blockgletscher geht zügig. Im unteren Teil lässt es sich richtig Skifahren. Doch was dann folgt stellt die strapazierten Beine nochmals so richtig auf den Prüfstand: ein elends langer Hatscher über wacklige Steine und zum Schluss eine weglose Dschungelsafari entlang eines Weges, der zwar in der Karte eingezeichnet, in Realität aber nicht existiert. Auch die dunklen Wolken am Himmel können uns schliesslich kaum mehr aufhalten, als wir den "sicheren" Gravel-Weg Richtung Sunnbüel einschlagen. Endlich Kopf ausschalten, der Blockgletscher hatte die Nerven und die Konzentration sichtlich herausgefordert. Wir schauen ziemlich fertig aus, ich im Ultraultramodus, als wir die letzten Meter zum Gasthof Waldhuus schreiten. Du fragst dich, wie der Ultramodus aussieht? Das sind kleine Tribbelschritte mit einer Bodenkontaktzeit nahe unendlich, gebückter Haltung und genervtem Gesicht. Doch spätestens beim ersten Schluck Panache färbt sich die Gesichtsfarbe wieder ins rosarote und ein Lächeln wandert über die Lippen...puhhh, ein Gewaltsakt der Extraklasse! 

 

Danke Jungs, es war fantastisch mit euch!

 

 

Tourdaten:

Balmhorn 3697m, Aufstieg über Wildelsigengrat (ZS/III), Abstieg über Zackengrat (WS)

20Km, 2500Hm

Start um 7:16Uhr beim Gasthof Waldhuus im Gasteretal

Waldhuus - Balmhorn ca. 4:50h

Balmhorn - Waldhuus ca. 3h

 

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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschaftlerin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

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Autorin Trailrunning Guidebook

 

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