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Klettern in den Dolomiten

05.09. bis 16.09.2013

Touren

  • Parte Oscura della Luna : Indian Summer 
  • Piz Ciavazes: Roberta 83 
  • Piz Ciavazes: grosse Micheluzzi
  • 3. Sellaturm: Vinatzer
  • Hexenstein: Ultima Tule
  • Brunecker Turm: Oltre la Porta
  • 1. Sellaturm: Steger-Kante

 

Hart, aber herzlich: "Roberta 83" am Piz Ciavazes


Letztes Jahr entdeckten wir bereits diese herrliche alpine Sportkletterei auf der Sonnenseite des Lebens, der Piz Ciavazes Südwand, als wir den Einstieg der "Priz" suchten. Bereits 1983 erstbegangen und nun 2009 saniert, bietet die Roberta im unteren Teil anspruchsvolles Plattengeschiebe an Leisten und Löchern. Doch die Sequenzen lösen sich immer auf und ermöglichen, wenn auch kein rasches, so doch ein kontinuierliches Höhersteigen. Recht technisch für den Schwierigkeitsgrad.

 

Die sechste Seillänge wartet dann mit der Crux. Ein lässiger Bouldermove an der Dachkante mit Balanceanteilen wird von winzigen Griffen in steiler Wand abgelöst. Anhaltend schwere Seillänge! Die oberen Seillängen weisen die in dieser Wand typischen Löcher auf, doch Vorsicht, nicht hinter jedem verbirgt sich ein Henkel und manche sind mit Lehm gefüllt.

 

Fazit: Ausgesprochen schöne Route, die zwar teilweise ein beherztes Ansteigen vom letzten Bolt erfordert, aber an den schweren Stellen wirklich sinnvoll abgesichert ist. Mobile Sicherungsmittel sind nicht nötig. Über die Route kann wieder abgeseilt werden, allerdings 60m Seile dazu nötig, da teilweise andere Abseilstände verwendet werden. Der Einstieg ist beim Namen Pepe, allerdings an den Klebehaken.

 

 

 

Alpiner Klassiker am 3. Sellaturm: Die Vinatzer


Wenn es sich an den Sellatürmen staut, dann in der Vinatzer oder der Kasnapoff. Doch diesmal haben wir lediglich eine südtiroler Harakiriseilschaft vor uns, wie sich später herausstellen wird. 

 

Klassisch, wie es sich für Vinatzer-Touren gehört, verläuft die Route entlang von Verschneidungen, Rissen und Kaminen relativ offensichtlich. Durch die vielen Begehungen ist das lose Gestein recht ausgeräumt, genüssliches Höhersteigen an festen Griffen ist angesagt. Beim Einstieg gibts viele Möglichkeiten, doch die nasse Kaminverschneidung ist von unten ersichtlich und weist den Weg. 

 

Immer wieder finden sich Schlaghaken, besonders an den "schweren" Stellen, wobei, so ein 5er kann echt kraftig sein! Ab dem Ringband stösst man auf die Schlüsselseillänge, ein Finger- bis Handriss durch gelbes Gestein leitet zu einem Dach, welches in athletischer Kletterei überwunden wird. Fast wie Hallengeturne, sehr lässig! Danach nimmt die Gesteinsqualität etwas ab und verlangt nach pfleglichem Umgang. Wir sind über zwei Seillängen der Jahnroute ausgestiegen, da der Weiterweg über einen brüchig-steieln Kamin nicht sehr einladend aussah. Die eingangs erwähnte Seilschaft testete hier die Haltekraft eines grossen Friends;-), dazu noch mit schlechtem Stand...

 

Fazit: Klassisch alpine Kletterei, sehr empfehlenswert! Viel Material steckt, doch teilweise verbesserungsbedürftig, auch an den Ständen. Die Schlüsselstelle kann gut zusätzlich abgesichert werden. Grösstenteils super Gestein, nur nach oben auf Originalführe unzuverlässig. Den abstieg nicht unterschätzen und etwas Zeit dafür einplanen. Viel Abkletterei (bis III+), aber gut mit roten Punkten und Steinmännern markiert. Zum Schluss Abseilpiste durch Kamin, auf Steinschlag Acht geben, besonders wenn mehrere Seilschaften unterwegs sind!

 

 

Sportklettern á la Arco-Standard: Ultima Tule am Hexenstein


Der Wetterbericht meldetet ab Mittag Regen, also musste was Kurzes, Unkompliziertes her. Hierzu bietet sich die Ultima Tule des Erschliesserteams Galvagni/Filippi bestens an. Wer die Touren von ihnen von Arco her kennt, weiss, auf was er sich hier am Hexenstein einlassen wird: Bestens gesicherte Sportkletterei, fast schon untypisch für die Dolomiten.

 

Kleingriffig, etwas splittriger Fels führt in der ersten Länge zu einem etwas ungemütlichen Stand, ein kleintrittiger Quergang mit kraftigem Ausstieg folgt. Danach folgt ein steiles Wändchen mit eleganten Löchern und Leisten zum Stand im Gemüse. Ein etwas ungünstig platzierter Bohrhaken (Flugverbot) in der nächsten Seillänge lässt kurzes Schwitzen des Vorsteigers aufkommen. Die fünfte Länge bietet ein (fast schon übersichertes) steiles Finish, bevor die sechste Länge über graue schöne Platten führt. Vom Stand nach links klettern, rechts oben die Schlinge gehört zu einer anderen Tour! Auch bei der kommenden Seillänge wieder links die Bohrhakenreihe nehmen, die Schwierigkeiten klingen ab und herrlich wasserzerfressener Fels leitet in 60-70m zum Ausstiegspfad.

 

Beim Auto angekommen beginnt es zu tröpfeln. Perfektes Timing, oder?

 

 

Cappucino, Gelatti, Pizza und Shoppen: natürlich in Arco


Und immer wieder Arco! Wohl schon zum 50igsten Male, doch die Klettermetropole verliert einfach nicht ihren Charme. Auch wenn Massone von Speck überzogen, die Routen dort verdammt hart bewertet sind, Belvedere auch nicht rauher wird und schon alle Touren abgegrast sind, Arco bleibt Arco. Man trifft i m m e r irgend wen, das Eis beim Marco schmeckt vorzüglichst und ich frage mich, warum er nicht in Zürich eine Filiale haben kann. Die Chefkellnerin in der Pizzeria Pace findet für uns immer noch ein Platzl zwischen all den besetzten Tischen, die Klettergeschäfte werden voller und voller und unser Geldbeutel leerer und leerer. Der Cappuccino ist einfach der Beste und am besten trinkt man ihn Literweise. 

 

Achja, Unterkunft in "la Moletta". Sehr empfehlenswert,  so ein Frühstück habt ihr noch nie gesehen, garantiert! Tiziana ist ein richtiges Mütterchen, welches sich um ihre Gäste sehr bemüht!

 

 

Rasttag zwischen Falzarego und Cinque Torri


Wenn der Körper schmerzt. die Haut in Fetzen von den Fingern hängt und Schneeflocken um die Gipfel zischen, dann ist's Zeit für eine Pause. Wir maschieren vom Falzaregopass zur Forc. Alverau, immer wieder finden sich nette Scramblingpassagen am Wegesrand. Von dort zu den Cinque Torri hinunter, immer mit Blick auf die imposante Wand der Tofana di Rozes. Als der Schneesturm noch stärker wird, entscheiden wir uns für eine kurze Aufwärmrunde im Rif. Scoliatolli, leckerer Cappuccino wird uns serviert. 

 

Beim Erkunden der 5 Torri entdecken wir nette Routen, vielleicht was für unsicheres Wetter beim nächsten Dolomitenurlaub? 

 

Schliesslich reisst es wieder auf, die Sonne kommt zum Vorschein und wir spazieren durch lichte Lärchen und wirre Blockfelder zurück zum Falzaregopass.

 

 

Der alpine Klassiker mit der markanten Linienführung am Ciavazes: Die grosse Micheluzzi


Nun wissen auch wir, warum die Micheluzzi wohl eine der bekanntesten Dolomitenführen ist. Herrlich fester Fels in der kompletten Route, fast schon sportklettermässige Behakung, sonniges Ambiente und eine wirklich elegante Linienführung. Dazu wird der sechste Grad gefordert und die Route verläuft in relativ homogenen Schwierigkeiten durch die plattige Wand des Piz Ciavazes.

 

Eine echte Genusstour, zu alledem nur eine Seilschaft vor uns (servas Martin!, die Innsbrucker wieder unterwegs), die anderen steigen die Buhlvariante aus.

 

Fazit: So genüsslich kann Alpinklettern sein!

 

 

Erkundungsausflug Mittagstal und Mur de Pisciadu


Und wieder scheint der Wettergott nicht auf unserer Seite zu sein, dichte Wolken liegen rund um die Pässe und hüllen die zahlreichen Türme ein. Wir entscheiden uns für eine Erkundungstour, das Mittagstal hat uns noch nicht zu Gesicht bekommen, ausserdem ist es bequem zu Fuss von unserer Unterkunft erreichbar, denn heute ist Fahrverbot: Tag der Radfahrer. Neben der "Via Tridentina", die einen hässlichen Schrofenvorbau aufweist, bis man endlich zum Einstieg gelangt (lohnt sich die restliche Kletterei dann überhaubt?), haben wir uns auch die beiden extrem steilen Touren "Oro e carbone" sowie die "Anton aus Tirol" am Mur de Pisciadu angeschaut. Wie immer wasserüberronnen, und mit beängstigenden Hakenabständen. Doch die Motivation für nächstes Mal steigt bereits jetzt schon: Wir kommen wieder und dann werden die Touren nierdergemetzelt:-)

 

Ausserdem haben wir beim Abstieg vom Parkplatz Tridentinaklettersteig Richtung Kolfuschg einen lässigen Klettergarten entdeckt. Steile Kletterei im selben Fels wie die Anfangslängen der beiden Touren am Mur de Pisciadu. Ein Trainingsgebiet also...Hat da jemand nähere Infos zu?

 

 

alpines Sportklettern am Bruneckerturm: Oltre la Porta


Nachdem unsere beiden Favoriten "oro e carbone" und "Anton aus Tirol" wie immer wasserüberronnen waren, wir aber den Kletterurlaub mit einer alpinen Sportkletterei beenden wollten, erinnerten wir uns an eine Tour links der "Ottovolante". Das Studium des Topos versprach recht alpines Flair auf den ersten 5 Längen, danach sah es nach Sportklettern aus.

 

Bei frischen Temperaturen, dafür seelenallein ohne Anstellen, starteten wir ins Abenteuer. Nicht ganz zuverlässiger Fels, dafür weite Bolts zu Anfang und ein ungesichertes 20m Schrofenfinish als Auftakt in der ersten Länge, gefolgt von einer kurzen 15m Seillänge mit 2 Bolts und der ersten härteren Länge mit ebenfalls brüchigem Fels und 3 Bolts auf 30m liessen nicht wirklich Sportkletterfeeling aufkommen. Die vierte Seillänge wartete zumindest mit griffig wasserzerfressenem grauen Fels auf, aber auch hier, der erste Bolt verdammt hoch, die nächsten nur mit dem Fernglas zu sehen ;-)

 

Zweimal hintereinander erwische ich eine 45m Seillänge im unteren siebten Grad, in der ich nicht durch Eleganz glänze. Ein einziger Bolt weist mir zu Anfang den Weg, danach Plattengetänzel über einem windigen Normalhaken und Bruchkletterei über einem miesen Friend. Mit Sportklettern hat das nichts mehr zu tun. Und dann auf einmal doch: das Herzstück der ganzen Tour, eine wunderbar steile gelbe Wand. 25m an kleinen Leisten, die Finger zwar taub von der Kälte, doch der Wille ist da. Endlich Sportklettern, nach 7 Zustiegsseillängen. 

 

Doch der Spass nimmt sogleich ein jähes Ende, ein weiterer steiler Entsafter wartet, der jedoch gefährlich abgesichert über brüchiges Gestein leitet. Harrys Vorstiegsfreude sinkt auf ein Minimum. Dabei wäre der Rest der Länge herrliche Kletterei über steile graue griffige Platten gewesen. 

 

Die angekündigte Kaltfront sitzt uns schon seit geraumer Zeit im Nacken und treibt uns an. Ein Wettlauf mit der Zeit, den wir hübsch langsam zu verlieren beginnen. Es fängt zu tröpfeln an. Wir versuchen so schnell wie möglich zu klettern, was bei der miserablen Absicherung und dem suboptimalen Gestein zur Herausforderung wird. Die letzte schwere Länge wartet auf Harry, nur noch diese, dann haben wir es geschafft. Die anschliessenden 50m Fünf Minus klettern wir auch bei strömenden Regen hinaus, denke ich mir...Und siehe da, mit der ersten stärkeren Tropfen erreicht auch Harald den Ausstieg. Wir Klatschen ab, packen in Windeseile unsere Seile zusammen und düsen über das Hochplateau zur Pisciaduhütte, wo der "sichere" Abstieg zum Parkplatz durch das Setustal beginnt. Für heute kann uns nichts mehr erschüttern...

 

Fazit: Für Sportkletterer wohl kaum zu empfehlen. Alpines Gespür für die Routenfindung nötig und sanfter Umgang mit dem brüchigen Gestein empfehlenswert. Einige Camalots mitnehmen, Nr.1 war mehrmals im Einsatz. Der 1. Bolt ist in fast jeder Länge deutlich zu hoch gesetzt, ein Sturz in den Stand ist durch den wenig soliden Fels möglich.

 

 

Der Winter hat Einzug gehalten!

 

Kaum zu glauben, dass gestern wohl der letzte Tag der Saison war, an dem man noch auf der Nordseite des Massivs klettern konnte. Als wir heute früh aus dem Fenster auf 5cm Neuschnee schauten und die Sturmböen im schattigen Mittagstal um die Türme fegen sahen, war unsere Entscheidung endgültig gefallen: wir reisen ab.

 

 

Tip:

Unterkunft Jägerhof in Kolfuschg. 45€ pro Person inklusive Halbpension, die vom Feinsten ist. Ein reichliches 4-Gänge Menü wartet jeden Abend zur Auswahl und am Nachmittag nach dem Klettern laden Sauna, Infrarot und Whirlpool zum Relaxen ein! Die Zimmer sind im alpinen Lodgestil eingerichtet und neu. Freundliches Personal. Wirklich eine Wohlfühlunterkunft für einen perfekten Urlaub!

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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschaftlerin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

Online-Autorin SAC Tourenportal

Autorin Trailrunning Guidebook

 

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